Neue materielle und geographische Bedingungen verändern unsere Beziehungen zu Verstorbenen : es entsteht ein neues Verhältnis zum toten Körper und die Vorrichtungen und Gesten, die die Trauer und das Gedenken begleiten nehmen neue Formen an. Das Grab und der vorstädtische Friedhof als ausgelagerte Zentralität unserer Städte und unseres Lebens mit den Verstorbenen zersplittern in immer zahlreichere Räume, werden sowohl als physische und digitale Objekte verstanden, und wandeln sich auch durch ein ganz neuartiges Verständnis von Materie. Unser Vortrag, welcher auf empirische Untersuchungen zur Zirkularität und Porosität in unserem Zusammenleben mit den Toten zurückgreift, wird auf die Anzeichen einer neuen Geografie der Verlustberarbeitung aufmerksam machen. Die private als auch öffentliche « Nützlichkeit » unserer Toten wird zunehmend in der Umweltwissenchaft sowie in den Sozial- und Kulturwissenschaften durchdacht und erscheint in einem neuen Licht. Auf rein materieller Ebene führt das Bewusstsein für die Umweltauswirkungen unserer Bestattungsarten zur Erforschung neuer, umweltfreundlicherer Methoden und erhöht unsere Akzeptanz für Vorschläge wie die Kompostierung oder die alkalische Hydrolyse Reduzierung menschlicher Körper. Die Toten können eine positive Rolle bei der Dekarbonisierung spielen: ihre Überreste können zu Humus oder fruchtbarem Wasser für den Boden werden. Auch auf emotionaler und psychische Ebene sind die Toten fruchtbar. Die Psychologin Magali Moliné zeigt ihre heilende, struckturierende Kapazität. Sie helfen uns zu reerdigen (Vokabeln der Humusierung : Reerdigung auf Deutsch, Mort régénérative auf französisch, Recomposition auf Englisch). Und die Toten sind den Lebenden nützlich (Despret) da sie uns helfen zu handeln und Verbindungen zu reaktivieren und sogar herzustellen, um unser Leben auf der Grundlage ihres Lebens zu nähren (Pogue Harrison). Um indivuelle und kollektive Todesvorstellungen zu analysieren und zu überprüfen , werden wir uns ganz besonders auf das Hören, Hineinhören stützen. Die experimentelle Praxis im Bereich Kunst und Kunstpädagogik soll uns helfen an sowohl vertrauliche, konstruierte, geschenkte aber auch schwer ergründliche Wahrnehmungen zu gelangen. Die Erkundung von Todesvisionen durch akustische Studien von Grabkammern und Monumenten mittlerer und kleinerer Grösse, aber auch die Klangstudien von angeblich unbeweglichen/untätigen Umgebungen werden uns dabei ein Werkzeug sein um jene erfahrbar zu machen. Der künslterische and sensible Ansatz mit Klang, Materie, Gesten, Atmosphäre erscheint uns besonders fruchtbar um Gegenwärtlichkeit, Erscheinung der Toten und ihren Platz auf der Erde kollektiv und transdisziplinär zu überdenken und um gemeinsam neue Erfahrungswelten des Zusammenlebens zu gestalten.