Woher kommt das Übel? Woher kommt das Böse? Die Dringlichkeit dieser Frage ist nicht nur heute aktuell, wo wir erneut von der Angst vor Terroranschlägen ergriffen werden. Es ist ja ein Gemeinplatz zu sagen, dass diese Frage in jeder Epoche Relevanz besitzt, weil die Erfahrung des Übels und des Bösen die Menschen immer erschüttert und schon die ersten uns überlieferten Texte davon zeugen, dass diese Fragestellung sie ständig beschäftigt hat. Sei es durch religiöse Vorstellungen und Mythen, sei es durch philosophische Gedanken, sei es durch psychologische, soziale und politische Überlegungen, sei es sogar durch naturwissenschaftliche Hypothesen, es wird immer wieder versucht, diese Frage zu beantworten. Warum? Vielleicht nicht nur wegen des tief im Menschen verankerten Verlangens, seine Existenzbedingungen zu verstehen und in diesem Fall seiner Leiderfahrung auf den Grund zu kommen, sondern vielleicht auch weil der Versuch, diese Frage zu beantworten, immer die Hoffnung birgt, endlich auf eine oder eine andere Weise das Übel und das Böse beheben zu können . Diese Fragestellung wird jedoch nicht unbedingt durch besonders bedrohliche Situationen ausgelöst. Schon der alltägliche Tod, der unser Wesen als Menschen kennzeichnet, wird meistens, zumindest in der Antike, als Übel empfunden. Was nennt man denn Übel? Was nennt man Böses? Die Unklarheit der zu verwendenden Begriffe springt sofort ins Auge. Deshalb müssen diese Begriffe zunächst geklärt werden. Dadurch sollten, die wesentlichen Merkmale des Phänomens bestimmt werden. Erst nach diesem ersten Schritt wird Platons Sicht darsgestellt.